Memoryloops
Weitere Informationen
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Memory Loops – Erinnerungsschleifen selbst zusammenstellen
Das Zentrum des Kunstwerks ist die Webseite memoryloops.net, auf der die gesammelten Erinnerungszeugnisse als Tonspuren in einer von der Künstlerin gezeichneten Topographie der Stadt zu finden sind. Die Collagen aus Stimme(n) und Musik verweisen thematisch auf Orte innerhalb der ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“. Sie können heruntergeladen und als Trackliste gespeichert werden. Ob auf ein Mobiltelefon oder auf einen MP3-Player überspielt: Alle Interessierten können so ihrer selbst gewählten Erinnerungsschleife durch die Stadt folgen.
Fünf der 300 Tonspuren sind einstündige Erinnerungsschleifen, die sich über den ganzen Stadtraum legen und Themenschwerpunkte haben. Sie sind unter der Rubrik Hörspiel zu finden. Auch in englischer Sprache liegt ein einstündiges Hörspiel vor.
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Memory Loops im Münchner Stadtraum
In Münchner Museen und Institutionen liegen MP3-Abspielgeräte zur kostenfreien Ausleihe bereit, auf denen die einstündigen Memory Loops zu hören sind: Münchner Stadtmuseum, Jüdisches Museum München, Museum Villa Stuck, Museumsshop des Lenbachhauses im Ruffinihaus, Haus der Kunst.
An 61 Standorten in der Münchner Innenstadt sind Hinweistafeln mit URL und Telefonnummer zu Tonspuren angebracht, die auf den jeweiligen Ort Bezug nehmen.
Falls also keine Internetverbindung möglich ist, können jederzeit über eine Telefonverbindung ins Festnetz einzelne Tonspuren auf Deutsch und Englisch angehört werden. Außerdem gibt es eine Memory Loops App für das iPhone, die neben Tonspuren auch einen Stadtplan enthält, auf dem die einzelnen Stationen angezeigt werden. Die App ermöglicht via GPS-Referenzierung das Navigieren und Routen direkt zu den ausgewählten Orten. -
Der Wettbewerb
Mit Memory Loops hat Michaela Melián den Kunstwettbewerb der Landeshauptstadt München „Opfer des Nationalsozialismus – Neue Formen des Erinnerns und Gedenkens“ gewonnen. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk / Hörspiel und Medienkunst realisiert.
Aus der Begründung der Jury
„Die Arbeit von Michaela Melián thematisiert in anspruchsvoller künstlerischer Form das Schicksal aller Opfer des Nationalsozialismus. Gleichzeitig werden die Täter nicht aus der Erinnerung ausgeklammert. Unterschiedlichste historische Zusammenhänge werden an Kristallisationspunkten der Stadt München erörtert. Aus Archivmaterialien und Aussagen von Zeitzeugen werden künstlerisch gestaltete Stimmencollagen in höchster Qualität erstellt. Dabei findet sich in Recherche und Realisierung der Audiocollagen eine breite institutionelle Vernetzung, wobei bereits hier die Integration jüngerer Generationen berücksichtigt wird.
Das Kunstwerk ist sowohl dezentral angelegt als auch auf historisch bedeutsame Orte bezogen. Denn mit Hilfe von auf Mobiltelefon oder anderen Tonträgern zu erreichenden Memory Loops (Stimmcollagen) wird eine allgegenwärtige moderne Form des Erinnerns und Gedenkens geschaffen. Mit ihrem Konzept des Dezentralen, Individuellen, Immateriellen und Temporären sowie einem hohen Partizipationsanteil des Publikums eröffnet Melián individuelle Erkenntnis- und Erfahrungsmöglichkeiten, die sich – auf dem Boden von Humanismus und Demokratie – von Deutungshoheiten etwa eines Expertentums abheben. Meliáns Projekt formuliert einen appellativen Aufruf zur Menschlichkeit und Demokratie angesichts der Gräueltaten im Nationalsozialismus – behutsam, aber eindringlich.“
Die Fachjurorinnen und Fachjuroren
Prof. Liz Bachhuber, Bauhaus Universität Weimar
Chris Dercon, Direktor Haus der Kunst München
Dr. Cornelia Gockel, Kunstkritikerin, München
Prof. Dr. Raphael Gross, Direktor Leo Baeck Institute London,
Jüdisches Museum und Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main
Prof. Dr. Kai-Uwe Hemken, Kunsthochschule Kassel
Dr. Angelika Nollert, Direktorin Neues Museum Nürnberg -
Michaela Melián
Künstlerin und Musikerin, lebt in München und Hamburg. Sie lehrt als Professorin für zeitbezogene Medien an der Hochschule für bildende Künste (HfbK), Hamburg. Sie ist Mitglied der Band F.S.K. (Freiwillige Selbstkontrolle).
2008 gewann Michaela Melián mit ihrem Konzept Memory Loops den von der Landeshauptstadt München initiierten Kunstwettbewerb „Opfer des Nationalsozialismus – Neue Formen des Erinnerns und Gedenkens“.
Ausstellungsauswahl
Home Less Home, Museum on the Seam, Jerusalem (2010); See this Sound, Lentos Museum Linz (2010); Ludlow 38, New York (2009); The Dwelling, ACCA Melbourne, Australien (2009); Speicher, Ulmer Museum (2008); Speicher, Cubitt Gallery, London (2008); Recollecting, MAK Vienna (2008); Vertrautes Terrain, ZKM Karlsruhe (2007); TALK/SHOW, k.m@tranzit dielne, Bratislava (2007); Föhrenwald, KW Kunstwerke Berlin (2006)Hörspiele
Speicher (BR und Münchner Kammerspiele 2008),
Föhrenwald (BR / kunstraum münchen 2005),
Konvent (mit Thomas Meinecke und David Moufang, BR / ZKM / intermedium 2, 2002)2011 Hörspiel des Jahres der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Memory Loops
2010 Kunstpreis der Landeshauptstadt München
2009 Hörspiel des Jahres der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Speicher
2006 Hörspielpreis der Kriegsblinden / Preis für Radiokunst für Föhrenwald
2005 Deutscher Hörspielpreis der ARD sowie ARD-Online Award für Föhrenwald„Ihr Werk und ihr Umgang mit sowohl realem als auch metaphorischem Raum ist so sparsam wie umfassend, sicher und ziemlich berührend.“ Roberta Smith, New York Times
„Michaela Melián setzt sich nun schon seit vielen Jahren mit Politiken der Erinnerung auseinander. Ihre Arbeiten geben Vorlagen für eine besondere Form der Annäherung an die Vergangenheit: Melián vereint die geschärfte Sensibilität dekonstruktiver Kritik dem starken Anliegen, bestimmten Menschen Anerkennung dafür zuteil werden zu lassen, dass sie durch ihr Leben und ihre Arbeit einen Unterschied gemacht haben.“ Jan Verwoert, Frieze Magazine, London
„Michaela Meliáns künstlerische Aneignung von Geschichte erinnert an Benjamins geschichtsphilosophisches Konzept des dialektischen Bildes, bei dem Vergangenes und Gegenwärtiges in eine Konstellation treten, die deren Verhältnis blitzhaft erhellt.“ Petra Löffler, Springerin, Hefte für Gegenwartskunst, Wien